Abenteuer-Markt
Es wird nur wenige Menschen geben, die Corona etwas Gutes abgewinnen können. Auch Elke und Christoph Oestreicher tun dies nur in einem sehr engen Rahmen, aber die Pandemie hat ihnen das entscheidende Puzzlestück geliefert, um ihre Expertise mit ihren Visionen zu einem neuen Produkt zu verbinden. Ihr Ansatz ist eine Online-Kinderbetreuung – kein bloßer Medienkonsum, sondern ein bis zwei lehrreiche Stunden mit viel Spaß für den Nachwuchs. „Was wir machen, passt genau in diese Zeit“, sagen die Gründer, „vor zwei Jahren hätte das noch nicht funktioniert.“
Die Online-Betreuung der eigens gegründeten oestreicher GmbH hat zwei Ziele: Sie wollen Erziehende im Home-Office für einen gewissen Zeitraum entlasten, damit sie konzentriert arbeiten können. „Wir wollen aber auch Kindern die Chance geben, aktiv zu sein“, betont Elke Oestreicher. Die gelernte Kinderpflegerin, Erzieherin und promovierte Soziologin erklärt: „Wenn Kinder die volle Aufmerksamkeit bekommen, können Eltern in Ruhe arbeiten.“
Persönliche Betreuung übers Netz
Der vermeintliche Widerspruch zwischen voller Aufmerksamkeit fürs Kind und ruhiger Arbeitsatmosphäre löst sich beim Blick auf das Konzept rasch auf: Die Kinder werden nicht mittels vorgefertigter Inhalte betreut, sie verbringen die Zeit vielmehr mit ausgebildeten pädagogischen Fachkräften – zwar über einen Bildschirm, aber mit individuellen Angeboten. Die Pädagog*innen leiten die Kinder beim Basteln an, kochen mit ihnen oder machen auch Hausaufgaben. Der Schwerpunkt aber, das betonen die Oestreichers, liegt auf praktischen Inhalten, kleinen Abenteuern, die Spaß machen und nebenbei zum Beispiel auch die Feinmotorik trainieren. Den Fachkräfte-Pool baut die oestreicher GmbH gerade auf.
Weil die individuelle Betreuung durch Fachpersonal ihren Preis hat, adressieren Elke und Christoph Oestreicher ihre Online-Betreuung vor allem an Unternehmen und Selbstständige. Sie sollen für sich oder Mitarbeitende eine Betreuung buchen können, wenn beispielsweise ein wichtiger Auftrag volle Konzentration braucht oder eine entscheidende Konferenz ansteht
Viel Wissen gesammelt
Im Rückblick betrachtet, hat sich der berufliche Werdegang der beiden Gründer scheinbar auf genau diese Idee zu bewegt. Elke Oestreicher hat sich Wissen und Erfahrung über das Thema Lernen erarbeitet, Christoph Oestreicher ist Physiker und hat sich schon für seine Promotion mit computergestützter Neurowissenschaft beschäftigt. Nach einigen Jahren in der Wissenschaft zog das Paar nach Heidenheim, wo Christoph Oestreicher bei Voith einen Bereich bei Digital Ventures aufgebaut hat. Schließlich beschlossen sie, sich mit einem Beratungsunternehmen selbstständig zu machen. Dann kam die Pandemie und setzte ihre Pläne auf Null zurück.
„Wir haben zwei kleine Kinder und in der Pandemie selber gemerkt, dass Eltern ziemlich überlastet sein können“, erzählen sie. Zwar gebe es zahllose Beschäftigungsangebote für Kinder, die Qualität sei aber sehr unterschiedlich und die Suche nach guten Ideen aufwändig. Daraus wuchs 2020 der „Abenteuer-Markt“ heran, eine Online-Plattform für „kleine Abenteuer“, also Spiele, Bastelideen oder kindgerechte Kochrezepte, die von einer weit gefassten Community eingepflegt werden und allesamt so kuratiert sind, dass sie den Qualitätsansprüchen der Oestreichers entsprechen.
Mehr als 900 solcher Angebote enthält der Abenteuer-Markt mittlerweile, mehr als 15.000 Eltern nutzen ihn monatlich. Auch die Pädagog*innen der Online-Betreuung werden auf diese Angebote zurückgreifen. Außerdem sollen KI-Elemente im Hintergrund dafür sorgen, dass den zu betreuenden Kindern optimal angepasste Abenteuer angeboten werden.