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Die Tablette aus dem Drucker

Die Pharmabranche hat in den vergangenen Jahrzehnten viele segensreiche Wirkstoffe und Medikamente entwickelt. Innovative Hersteller bringen bis heute Produkte auf den Markt, die dabei helfen, zahllose Leiden zumindest einzudämmen.

Weil insbesondere Tabletten aber ein Massenprodukt sind, bringen sie auch Probleme mit sich: Ihr Wirkstoffgehalt ist oft nicht exakt an den Bedarf der jeweiligen Patientinnen und Patienten angepasst, zahllose überschüssige Tabletten werden zudem weggeworfen, was wertvolle Ressourcen vernichtet. Wer außerdem mehrere Medikamente einnehmen muss, ist der Gefahr ausgesetzt, Präparate zu verwechseln oder in zu hoher Dosierung einzunehmen.

An diesem Punkt kommt das in Schwäbisch Gmünd beheimatete Start-up Digital Health Systems, kurz: DiHeSys, ins Spiel. Das System des 2018 gegründeten Unternehmens sieht vor, dass Tabletten künftig aus speziellen, pharmakonformen Digitaldruckern kommen – angepasst in Wirkstoffgehalt und Anzahl und bei Bedarf sogar mit mehreren Wirkstoffen, sodass auch Menschen mit komplexen Erkrankungen möglichst wenig Tabletten einnehmen müssen.

Erfahrene Branchenkenner

Die Menschen hinter DiHeSys sind auf den ersten Blick nicht die typischen Start-up-Gründer. „Stimmt, wir sind nicht gerade junge Unternehmer“, sagt Prof. Dr. Christian Franken lachend. Vielmehr handelt es sich bei den drei Firmenchefs um erfahrene Branchenkenner. Franken war zuletzt Chefapotheker der Onlineapotheke DocMorris, bevor er sich DiHeSys anschloss, sein Kollege und Co-Geschäftsführer Dr. Markus Dachtler hat als Kaufmann und Chemiker ebenso lange in der Pharmabranche gearbeitet wie Prof. Dr. Gerald Huber, der DiHeSys als Executive Advisor unterstützt.

Gegründet wurde das Unternehmen zwar in Einsingen nahe Ulm, mittlerweile ist jedoch Schwäbisch Gmünd zum Firmensitz geworden, weil man dort laut Franken die besten Rahmenbedingungen vorgefunden habe. Überhaupt sei Baden-Württemberg ein sehr innovationsfreundliches Bundesland.

Franken betont, DiHeSys werde nicht einfach Drucker verkaufen, sondern ein komplettes System zur Personalisierung und Individualisierung der Tablettenherstellung anbieten. Das besteht zum einen aus spezialisierten Druckern, die pharmazeutische Wirkstoffe auf neutrale Trägertabletten aufbringen können, zum anderen aus einer ausgereiften Software, die nicht zuletzt höchsten Ansprüchen an die Patientensicherheit genügt. DiHeSys entwickelt zudem die notwendigen wirkstoffhaltigen Tinten und Filamente für den Druckbetrieb.

Pilotphase startet 2022

Zum System gehören aber auch die Anwenderinnen und Anwender. Weil insbesondere verschreibungspflichtige Medikamente natürlich nicht zu Hause bei den Patientinnen und Patienten gedruckt werden dürfen, sollen die Drucker zum Beispiel in Krankenhäusern oder Apotheken betrieben werden. Voraussichtlich im ersten Quartal 2022 soll zunächst eine Pilotphase starten, in der das DiHeSys-System in Kliniken oder größeren Apotheken getestet wird.

Schon jetzt ist das Brancheninteresse an der Innovation groß: DiHeSys hat mittlerweile die Harro Höfliger GmbH, eines der Top-5-Unternehmen im Bereich Pharmaengineering, als strategischen Partner gewonnen. Ende 2021 soll das wachsende Unternehmen bereits rund 20 Mitarbeitende haben.

Im Juli 2021 wurde DiHeSys mit mit Deutschen Award für Nachhaltigkeitsprojekte ausgezeichnet, weil das Unternehmen die Chance eröffnet, wertvolle Ressourcen deutlich effizienter einzusetzen. Die einzelne Tablette werde, erklärt Christian Franken, zwar etwas teurer, dafür werde gleichzeitig Verpackungsmüll und Überproduktion vermieden. Zudem könne die Reduzierung der Tablettenanzahl das Patientenwohl steigern.